Obwohl es heute richtig stressig zu ging, hab ich erstaunlicherweise ziemlich wenig gegessen. Ein Brot zum Frühstück, ein grüner Smoothie zum Brunch, ein gebackener Camembert zum Mittag und danach noch etwas Käsespätzle mit den Kindern, ein halber Apfel als Vesper und Grießbrei zum Abendessen. Abends dann noch zwei Kekse. Hey, das ist ja echt wenig. Leider nicht unbedingt intuitiv, eher schnell-schnell gegessen, aber ich habe in Stresssituation nicht übermäßig gegessen, das ist ein großer Fortschritt, finde ich!
Kapitel
17: Wir tauchen tiefer in die Vergangenheit ein
Oh,
Katze, liebe Katze, wo bist du nur? Ich habe das Gefühl ich trete
auf der Stelle, komme nicht voran. Bitte komm und hilf mir, bitte!
Meine
Bitten blieben aber unbeantwortet. Die Katze schien verschwunden zu
sein. Na gut, mir ist es inzwischen egal, ob ich für verrückt
gehalten werde. So egal, dass ich in der Kuscheltierkiste meiner
Töchter gewühlt habe und mir eine weiche Katze heraus geholt habe.
Sie saß auf dem Tisch und ich kam mir etwas lächerlich vor.
-
Ich brauche Hilfe. Ich möchte weiterkommen, - sagte ich leise.
Die Antwort kam wie aus der Kanone geschossen.
- Aber du kommst doch voran, - mir war, als ob es mein eigener Gedanke war, denn diesmal war ja keine echte Katze im Raum. Ich ließ mich auf den Dialog ein.
Die Antwort kam wie aus der Kanone geschossen.
- Aber du kommst doch voran, - mir war, als ob es mein eigener Gedanke war, denn diesmal war ja keine echte Katze im Raum. Ich ließ mich auf den Dialog ein.
-
Wo denn bitte sehr komme ich voran? - fragte ich.
-
Noch vor einiger Zeit hast du dir gar nicht eingestehen können, dass
du eine Essstörung hast, wolltest nur dein Gewicht reduzieren. Nun
geht es ans Eingemachte.
Sie
hat Recht. Wobei, wer ist denn nun sie? Mir wird irgendwie ein wenig
schwindelig, wenn ich versuche heraus zu finden, mit wem ich da
eigentlich rede. Ich habe das Gefühl, dass ich bald in die
Psychiatrie gehöre.
-
Mir fehlen die Anleitungen von der Katze, - stellte ich schließlich
fest.
-
Gut, dann kommt hier die nächste Aufgabe: Als du ein Kind warst, wer
war für deine Ernährung zuständig? Wie war das Verhältnis zum
Essen bei euch in der Familie? Wie wurden Feste gefeiert? Mit viel
Essen oder spärlich?
Das
ist ein schöner Ansatz. Ich wäre nicht drauf gekommen da mal
genauer hin zuschauen.
Mein
Vater hat sich an unserer Erziehung wenig beteiligt. Im Dorf als
Selbstversorger hatten wir als Familie sowieso nicht so viel zusammen
unternehmen können. Außer gemeinsamer Gartenarbeit und
Kleinviehversorgung, versteht sich. Aber ich kann mich auch nicht
erinnern, dass mein Vater sich irgendwo eingemischt hätte.
Ärztebesuche machte mit mir meine Mutter. Mein Vater hat viel
gearbeitet, genau wie meine Mutter. Und wenn sie dann zu Hause waren,
blieb keine Kraft mehr für uns Kinder übrig.
Ich
urteile nicht über sie. Ich verstehe sie sehr gut und bewundere sie
auch. Ich könnte das nicht, so ein Leben führen. So voller Mühe
und meistens am Rande eines Nervenzusammenbruchs, weil man nie zur
Ruhe kommt. Daher weiß ich nicht so recht, wer für meine Ernährung
zuständig war. Diese Art von Erziehung hatte für uns den großen
Vorteil, dass wir viel Freiheit hatten. Wir durften sehr viel, denn
die Eltern kriegen das nicht mit. Wir waren viel in der Natur und
aßen viele wilde Beeren.
Wie
meine Mutter es schaffte, dass wir immer ein warmes Essen hatten,
kann ich mir einfach nicht vorstellen. Zehn bis zwölf Stunden in der
Arbeit mit viel körperlichem Einsatz, Kleinvieh und Garten müssen
auch noch erledigt werden, genäht hat sie für uns auch noch. Aber
wir hatten immer reichlich zu essen. Und lecker war es, das weiß ich
noch. Wir waren nicht reich, hatten aber immer mehr im Haushalt, als
unsere Nachbarn oder die anderen Dorfbewohner. Die meisten Familien
hatten ein Alkoholproblem.
Ich
würde daher sagen, dass für meine Ernährung meine Mutter zuständig
war. Sie kochte immer viel und fettig. Wobei das Klima auch anders
war und du dort deine Fettpolster im Winter einfach brauchst. Ich
habe das Gefühl, dass meine Mutter so ihre Liebe uns gegenüber
ausdrücken wollte. Sie war sehr fürsorglich, aber auch teilweise
sehr kontrollierend. Wenn ich mal nicht zum Essen kam, wo anders
gegessen habe, dann war das schon fast ein Drama. Wir haben immer
alle zusammen gegessen und das waren meistens schöne Augenblicke.
Wir kamen am Abend zusammen und jeder erzählte, was er so erlebt
hatte.
Nur
in der Pubertät wurde das gemeinsame Essen für mich manchmal zur
Qual. Erstens hatte ich so langsam das Gefühl, ich wäre zu dick und
versuchte so weit es ging, meine Ernährung umzustellen. Das war
manchmal mit Konflikten mit meiner Mutter verbunden. Sie war dann
schon mal beleidigt, wenn ich die fettige Fleischsuppe nicht essen
wollte.
Und
zweitens hatte sich mein Bruder des öfteren über mich lustig
gemacht. In dem Alter ist man ja grundsätzlich etwas empfindlich,
was das Aussehen angeht. Und sogar später, da war ich schon 18 und
hatte eine eigene Wohnung, da weiß ich, dass mein Bruder über
meinen Freund gelästert hat, dass er keinen Führerschein hat. Warum
ich den Typen herum kutschiere und so.
Was
war die nächste Frage? Ach ja, Verhältnis zum Essen. Habe ich ja
teilweise schon beantwortet. Essen hatte eine sehr wichtige Rolle in
unserer Familie. Gemeinsame Mahlzeiten waren meiner Mutter heilig.
Ich habe nie Freunde zum Essen mit gebracht. Das war nicht gern
gesehen. Und was Leckeres schnell nach draußen mitnehmen, das war
auch drin.
Die
Portionen waren immer groß, es wurde meistens von meiner Mutter
direkt am Herd auf die Teller gelegt. Zumindest kann ich mich nicht
erinnern, dass sich jeder selbst bedient hätte. Erst später, schon
hier, da kam es auf. Man sollte aufessen, das weiß ich noch, das
wurde immer gelobt. Und wenn man den Brei nicht aufessen wollte,
wurde getrickst. „Guck mal, was auf dem Teller gemalt ist. Iss
schön auf, dann kannst du das Muster sehen.“ Wir hatten ein paar
Kinderteller mit Märchenmotiven.
Gab
es irgendwas, was ich nicht leiden konnte? Nein, es war immer alles
lecker. Ich aß das, was mir heute als völlig unmöglich erscheint:
Rohe Eier (aus eigener Haltung), viel weißen Speck, Schmalzgrieben
und insgesamt viel Gekochtes. Früher schmeckten mir die
Fleischsuppen wirklich, und der Kartoffelbrei mit Fleischfrikadellen
dazu. Heute habe ich eine Abneigung gegen diese Sachen. Sie schmecken
mir einfach nicht. Von Fleischbrühe kriege ich so ein Brummen im
Magen und sie riecht auch irgendwie merkwürdig. Kartoffelbrei ist zu
matschig, ich kaue gerne.
Und
nun zum Thema Feste feiern. Es wurde mindestens die doppelte Menge
Essen zubereitet. Viele verschiedene Speisen, manch so eine Speise
gab es nur zu festlichen Anlässen, Fleischsalat zum Beispiel. An
normalen Tagen war es zu aufwendig, an Geburtstagen wurde es aber
gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, wie wir die Geburtstage meiner
Eltern gefeiert haben, nur meine eigenen. Sehr üppig gedeckter
Tisch.
So
ab zwölf, da weiß ich, dass wir auch bei den Erwachsenen groß
gefeiert haben. Da waren allerdings meine Tante, mein Onkel und meine
Großeltern schon hier. Und wieder viel Essen, wirklich sehr viel und
reichhaltige Auswahl. Ich glaube ich habe mich bei jedem Fest richtig
übervoll gefühlt. Meine Cousinen berichteten dasselbe, man saß mit
vollem Bauch am Tisch und wusste, gleich kommt noch der Kuchen.
Irgendwie hatte das auch noch Platz.
Das
ist, glaube ich, eine furchtbare Gewohnheit. Nach dem Essen trinkt
man bei uns immer Tee. Es gibt kein Dessert, aber dafür immer Tee
mit Süßem dazu. Von meinem Elternhaus habe ich es übernommen, dass
wir eine Keks- und eine Süßkramdose auf den Tisch stellen, wenn wir
fertig mit dem Hauptessen sind. In diese Keksdose greife ich übrigens
auch außerhalb der Mahlzeiten. Was weder für ein Wohlgefühl noch
für die schlanke Linie fördernd ist.
Schlussfolgerung?
Was meine Essgewohnheiten angeht, so bin ich meinen Eltern ähnlicher
als ich dachte. Und was mir noch einfällt, so bin ich sport faul,
weil meine Eltern nie Zeit für den Sport hatten. Ich habe es nicht
erlebt, das es zum Alltag gehört, etwas für seinen Körper zu tun.
Meine Eltern hatten keine Kraft mehr übrig und ich lebe einfach so,
wie meine Eltern es getan haben. Obwohl sich die Umstände verändert
haben. Ich könnte öfter schwimmen gehen und ich könnte auch länger
schwimmen, aber meistens stehen für mich der Haushalt, die Kinder
oder der Ehemann an erster Stelle. Tja, da offenbart sich mir noch
eine Baustelle.
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