Montag, 3. August 2015

Arbeitsblatt 1 aus "Mein Ich-Gewicht" von Maja Storch


Ich lese immer mehrere Bücher neben einander, so schmöckere ich gerade im obigen Buch und auch in "SeelenGevögelt" von Veit Lindau und "Essen als Erzatz" von Geneen Roth. Da habe ich mir gedacht, wenn ich schon die Aufgaben erfülle, dann kann ich das auch gleich mit euch teilen. 

Auf dem ersten Arbeitsblatt heißt es: Frage dein Unterbewusstes, was es zu deinem Ziel sagt. Gute 10-20 Seiten davor sagt Maja Storch , man soll sich fallen lassen und sich vorstellen, was man sich wünschen würde, wenn eine Fee fragen würde. Gut, mein Verstand sagt: 73-75 kg mit intuitivem Essen. Das Gewicht soll ohne große Anstrengung zu erreichen sein und genau so leicht zu halten.

Da schweigt mein Unterbewusstes oder vielleicht höre ich es einfach nicht. Moment Mal, da kommt was hoch. Bei der Zahl 73 habe ich gleich so ein mulmiges Gefühl. Ich sehe mich mit 77 als Rohköstlerin, das Gesicht abgemagert und zermattert. Das war die Zeit der großen Ehekrise. Und ich erinnere mich an meinen "Erfolg", endlich 74 kg, ich bin heilfroh, dass die Stoffwechsel-Kur vorbei ist. Gespeichert habe ich die Schwächezustände, die absolute Kraftlosigkeit. Ich war am Abend noch nicht mal fähig den Kindern ein Buch vorzulesen. Diese Sternchen vor den Augen (ganz schwarz und viele-viele weiße Punkte) nach jedem Aufstehen, bei jeder auch nur ein bisschen zu hastigen Bewegung. Und die Sorge meiner Umgebung. Und das Wissen, dass ich das Gewicht nur mit den größten Einschränkungen halten kann. Eben keine Kohlenhydrate, nur ganz wenig, viel Eiweiß und bei Obst auch aufpassen.

Ich werde da mal ein neues Bild drauf legen. Ich wiege 73-75 kg, fühle mich topfit, gesund und ich esse was ich will. das heißt nicht, dass ich die ganze Zeit das esse, was mich nur anlacht. Ich bin achtsam und frage mich, ob ich es wirklich essen will. Ob mein Körper es gerade braucht. Wenn ja, dann gebe ich es ihm.  Wenn es emotional ist, dann schaue ich, wie ich das entsprechende Bedürfnis anders stillen kann. Das ist für mich intuitives Essen.

Als erstes kommt mir der Begriff Abnehmen in den Sinn. Damit verbinde ich zwei Sachen: Jemand möchte mir was abnehmen und das kann ich nicht wirklich leiden. Habe so ein Problem mit "mir helfen lassen". Und das zweite: Ich soll jemandem was abnehmen. Hey, ich bin schon gut ausgelastet, das reicht mir vollkommen aus. Wie soll ich noch jemandem was abnehmen? Ich verbinde mit dem Begriff also nur negative Emotionen.

Versuchen wir es mal mit "abspecken". Oh, was sehe ich da? Ich sehe da eine ganz hübsche, pummelige Frau, so ein wunderschönes Michelin-Männchen. Oder nein, wie Baymax, könnt ihr mir folgen? Und dann bläst man das Männchen ab. Uargh! Sieht einfach nur erbärmlich aus.

Gut, wie wäre es mit "Gewicht reduzieren"? Ups. Das ist wie ein Ladenhüter, reduziert, herabgesetzt, keiner will es haben, evtl. sogar minderwertig. Gewichtsreduktion ist da auch nicht anders. Reduktion? Das hört sich nach böser Mathematik an.

Okay, einen letzten habe ich noch: Gewicht verlieren. Wer verliert schon gerne was? Ich nicht. Und wenn ich es verloren habe, dann versuche ich es um alles in der Welt wieder zu finden. Das erklärt auch, warum ich nach jeder Abnahme wieder zugenommen habe.

Ich habe eine Idee, ich ersetze das Ziel mit dem Erreichten, ich tue mal so, als ob ich schon abgenommen hätte. Ich bin schlank. Mist, wieder ein Griff daneben. Entweder verbinde ich damit eine Schlange oder mit einem Gartenschauch (auf Russisch heißt es "schlang"). Schlangen sind nicht nett, ich sehe da eine Klapperschlange oder eine riesige Anaconda. Und mir graust es vor dem "schlang", weil ich da immer wieder an eine Freundin denken muss, die mir erzählt hat, dass ihre Mutter sie immer mit einem Stück Schlauch verprügelt hat, wenn sie zum Papa wollte.

Wie wäre es mit fit statt schlank. Leistungsdruck, muss viel leisten, muss viel dafür trainieren, wer nicht fit ist, scheidet aus. Und dann wäre da noch die geistige Fitness, vor meinem inneren Auge tanzen Tattergreise mit Alzheimer.  Fit scheidet also als Ziel aus. Ich liebe mich und da lege ich mir keine Tausend Liegestützen auf.

Mir geht so langsam die Puste aus. Attraktiv? Nee, das ist zu gefährlich. Sexbombe, geiles Luder, Mini-Rock und roter Lippenstift, Männerblicke anziehend. Das selbe gilt auch für gut aussehend. Zu viel Mühe, zu viele Aufwendungen, ständige Kosmetikanwendungen notwendig. Für mein Unterbewusstes ein Graus, nicht schmackhaft.

Es bleiben noch Fitness, Sport und Bewegung. Ich mach es schnell und schmerzlos.

Fitness => Fitness-Studio mit verschwitzten Machos und abnehmwütigen Frauen, ein durch trainierter Trainer, schlechtes Gewissen, Schuldgefühle wegen "falscher" Ernährung. Im ersten Studio hatte ich einen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, uns zu "trietzen" sprich zu ärgern und fertig zu machen. Im letzten war es so eine Art Wettbewerb: Wer nimmt am meisten ab. Die Gewinner wurden monatlich mit Foto auf der Pinnwand präsentiert. Die Luft ist stickig, ich fühle mich beobachtet, mein Körper wehrt sich gegen die zusätzlichen Kilos auf den Geräten. Die doofe Waage, die mir anzeigt "leichtes Übergewicht" und ja nochmal der Gestank. Nein, es ist nicht einfach die schlechte Luft, es ist ein Düftchen, das mich einfach anekelt. Aber zurück zu Fitness. Durchtrainiert, hart erarbeitet, perfekter Body, strenge Diät, Eiweiß-Shakes, doofes Laufband.

Sport => So hiess das Fach in der Schule, dass ich am wenigsten mochte. Ich war kräftiger als andere. Es war erniedrigend die schlechtesten Leistungen zu bringen. Freude an der Bewegung? Fehlanzeige. Einmal waren wir joggen mit der ganzen Klasse. Gott war das sch... Meine Ausdauer bei null, meine Puste längst ausgegangen, die Seite sticht, ich keuche hinterher, finde es nur noch blöd. Oder schwimmen. OMG. Alter Badeanzug, für einen neuen reichte zu dem Zeitpunkt das Geld nicht aus, ich soll drei Bahnen schwimmen. Ich kann mich über Wasser halten, schwimmen ist das eher nicht. Jazz Dance als Wahlfach, blödes Outfit, ich sehe, wie die anderen grinsen und auf mich mit dem Finger zeigen. Außerhalb der Schule? Danach? Man muss Sport treiben, wenn man abnehmen will. Sport und Abnehmen werden zu Synonymen.

Bewegung => Ein strenger Feldwebel schreit laut "BEWEGUNG! Macht, dass ihr vorwärts kommt, ihr Schwacheier." Nein, es ist nicht echt erlebt, aber dieses Bild taucht als erstes auf. Tempo-tempo, beweg dich! Hampelmänner, Knie zum Ellbogen, zacki-zacki. Ich hasse Bewegung.

Und was mache ich mit all diesem Müll? Erst mal nix. Ich werde es erstmal so stehen lassen. Mir hat es eins gebracht: Ich habe verstanden, dass ich nicht faul oder willensschwach bin. Ich muss mich nur mit meinem Unterbewussten arrangieren. Wir müssen uns da neue Bilder drauf schweissen, auf die anderen legen, immer wieder, so lange, bis die alten verblassen. Ich walke voller Lebenslust durch den Wald z. B. oder ich bin meine überschüssigen Kilos los und geniesse die Leichtigkeit meines Körpers.



2 Kommentare:

  1. Super Artikel. Jaja, die anekelnde "schlechte Luft" im Fitnesscenter :D Dort sollen sie mal einen CO2 Sensor anbringen, den ich in der Wohnung hab, dann wird der CO2 Gehalt und die Luftqualität sehr genau angezeigt. Wäre interessant :D Lg

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