Mittwoch, 13. Mai 2015

Kapitel 21: Die Katze ist wieder da


Letztes fertiges Kapitel. Es war ja auch nur halbfertig, hat dann ein wenig gedauert, bis ich es fertig hatte. In Selbstsabotage bin ich ein Meister. Ähnlich geht es mir mit der Veröffentlichung der fertigen Bücher bei Amazon. Bin beim Steuerfragebogen hängen geblieben. Bin ich nun eine Privatperson oder nicht, wenn ich meine eigenen Bücher verkaufen will? Dann lässt sich aber Deutschland als Land nicht auswählen. Es bleibt noch "Von der Steuer befreite Person". Das würde auch passen, weil ich ja von der Umsatzsteuer befreit bin. Weiss da wer was? Bin für jeden Tipp dankbar.
Der Alltag holte mich schnell wieder ein. Und ich kam gar nicht mehr zum Beobachten. Ich wurde wieder unbewusst. Ist doch egal, was und wie gemacht wird. Ich war nur halb da. Und in einem solcher Momente taucht sie wieder auf. Meine graue Katze. Ich war gerade dabei die Wäsche auf dem Balkon aufzuhängen, da sprang sie auf den Sims und sah mich an.
- Hallo, - sagte ich leise. - Schön, dich wieder zu sehen.
- Hm, sieht nicht so aus, als ob du dich wirklich freust, - entgegnete sie.
- Ja, du hast Recht. Ich habe mich nach einem Treffen mit dir gesehnt, aber ich bin gerade mal wieder im Stress.
- Was musst du alles erledigen?

- Naja, wie immer. Wäsche waschen, aufräumen, einkaufen, im Internet was recherchieren, Emails beantworten, Rechnungen bezahlen.
- Und was muss unbedingt heute und jetzt sofort gemacht werden?
- Ich weiß nicht. Alles?
- Versuche mal das Wichtigste heraus zu filtern.
Ich dachte nach und kam zum Entschluss, dass alles weniger wichtig ist, als das lang ersehnte Gespräch mit der Katze. Ich war hungrig nach ihren Ratschlägen und wollte eigentlich weiter kommen.
- Komm rein, - sagte ich zur Katze und sie folgte mir.
- Wo machen wir heute weiter? - fragte ich sie, als es mir gemütlich im Sessel gemacht hatte.
- Warum isst du?
- Hm, ich weiß nicht, da gibt es so viele Antworten.
- Ich höre.
- Naja, ich brauche ja Nahrung, ich muss was essen. Der Körper braucht seine Nährstoffe, sein Heizmaterial.
- Okay, das machst du aber am seltensten. Richtig? Meistens fragst du dich ja nicht, was du essen möchtest. Welchen Brennstoff dein Körper gerade braucht.
- Ich weiß was du meinst. Also gut, ich esse oft, weil es mich interessiert, wie es schmeckt. Ich bin neugierig auf den Geschmack.
- Warum?
- Darf man das etwa nicht? Neugierig sein.
- Schon, aber warum ausgerechnet auf den Geschmack. Du gehst du auch nicht raus in die Natur um zu sehen, wie das Wetter ist und wie die Luft duftet, oder?
- Vielleicht habe ich im Leben zu wenig Farbe, zu wenig Lust und Freude und versuche es mit Essen zu ersetzen. Ich müsste wohl im Leben mehr erleben, dann würde diese Neugierde vergehen.
- Vielleicht. Warum isst du noch?
- Naja, manchmal bin ich auch müde und gestresst.
- Hilft es? - fragte die Katze.
- Für eine kurze Zeit schon, dann kommt die Müdigkeit doch durch.
- Also wäre es besser gleich sich auszuruhen.
- Ja, du hast Recht, daran habe ich noch nicht gedacht.
- Warum noch?
- Wenn ich mich ärgere. Über mich selbst oder über jemand anderen.
- Und hilft es hier auch?
- Na ja, die Wut verschwindet schon, aber die Beziehung zu diesem Menschen ändert sich nicht.
- Was meinst du damit, - fragte die Katze neugierig.
- Ich meine, dass ich doch weiterhin so gemein, so fordernd und so perfektionistisch in Bezug auf diesen Menschen bleibe.
- Aha, - sagte die Katze und legte ihren Kopf zur Seite. Sie schleckte ihre Pfote und sah mich an.
- Ich esse noch aus Stress...
- Warte mal, ist dir aufgefallen, dass du da gerade was verstanden hast?
- Nein, was denn?
- Du bist fordernd, perfektionistisch und gemein. Auch zu dir. Stimmt's?
- Ja, bin ich. Musst du mir immer auf die Hühneraugen treten?
- Nein, tue ich doch gar nicht. Selbsterkenntnis ist immer gut. Es ist doch nicht schlecht, dass du perfektionistisch bist. Erst wenn du übertreibst. Alles in Maßen. Aber nun zu deinem Stress-Punkt. Wann bist du denn gestresst?
- Wenn ein Kunde eine Rechnung nicht bezahlt hat, wenn ich mich mit der Tochter gestritten habe, wenn ich sehr weit gefahren bin...
- Viele Faktoren. Bist du bereit hier etwas zu verändern?
- Ehrlich gesagt, habe ich das Gefühl, nicht wirklich, - gab ich beschämt zu.
- Dann nimm es einfach hin. Sage, ja, gerade ist es so. Vielleicht wird es noch anders.
- Gute Idee, danke. Ich probiere es bei Gelegenheit aus.
- Was treibt dich noch zu den Küchenschränken? - fragte die Katze.
- Ich esse, wenn ich verletzt bin. Wenn eine Bemerkung von meinem Mann mich kränkt.
- Kommt es oft vor?
- Hm, nicht wirklich. Meistens sind es auch absolut unsinnige Kleinigkeiten und meistens trifft er den Nagel auf den Kopf.
- Hilft dir das Essen?
Ich dachte angestrengt nach.
- Ja. Es tröstet mich. Es ist wie ein Trostpflaster.
- Aber wäre es nicht sinnvoller mit der Verletzung zu arbeiten? Die Wunde zu versorgen, anstatt sie einfach zu bedecken? Überleg doch mal, warum du so verletzlich bist.
- Mit anderen da bin ich eiskalt, da kommt nichts durch, aber bei ihm ist es anders.
- Na klar ist es anders. Du hast ihm die Erlaubnis zum Zutritt in deine Geheimkammern gegeben.
- Wie bitte? Welche Kammern meinst du?
- Die hintersten Winkel deiner Seele.
- Und wann soll ich diese Erlaubnis gegeben haben?
- Wenn dir jemand näher kommt, passiert das automatisch. Deshalb haben viele Angst vor einer festen Beziehung. Sie müssen erkennen, wer sie wirklich sind.
- Und wer bin ich wirklich? - spottete ich.
- Ein verletztes Kind, - antwortete die Katze ruhig.
Mir verschlug es die Stimme.
- Du hast Recht, - musste ich kleinlaut zu geben. - Und nun?
- Heile die Wunden deiner Kindheit. Mach dir klar, dass du damals dich ungeliebt gefühlt hast. Unnütz, allein gelassen, keinen interessiert, was du machst.
Nun stockte mir der Atem. Woher weiß sie das alles?
- Okay, es ist so, aber was mache ich damit?
- Das gefällt mir, - lobte die Katze. - Du packst es sofort an.
- Mach es dir einfach klar. Damals ist damals, jetzt ist jetzt. Er verletzt dich nicht, er drückt nur auf die Wunden. Auf offenen und eitrige Wunden.
- Gut, habe ich verstanden.
- Gibt es noch Situationen, wenn du ohne Hunger isst? - fragte die Katze neugierig.
- Ja, ich esse manchmal im Voraus. Weil ich Angst vor der Fülle habe z. B. Neulich vor dem Maifest habe ich das getan. Aber auch, wenn ich weiß, dass ich in einer Stunde Hunger haben werde und dann in einem Termin bin.
- Das wird sich ändern, wenn du deinen Selbstwert anhebst. Dann kannst du aber auch nicht anders, als nur dann essen, wenn du Hunger hast. Ich stehe an erster Stelle. Ich kann also entscheiden, wann ich esse. Es wird sicherlich auch Pausen geben. Und die Angst vor der Fülle wird vergehen, wenn es keine Verbote mehr gibt. Du wirst ruhig hingehen und dir das raus picken, was du gerade brauchst.
- Kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen, aber ich beobachte das mal einfach. Wie kann ich meinen Selbstwert anheben?
- Indem du dich so annimmst wie du bist. Durch Selbstliebe.
Ich sah die Katze an und mir war unklar, was sie meinte.
- Egal, wirst du noch früh genug verstehen. Wir sind noch nicht fertig, oder?
- Stimmt, ich esse auch wenn ich etwas aufschieben will. Wenn ich etwas nicht machen will. Eine Arbeit oder eine Tätigkeit. Eine Rechnung schreiben oder sonstigen Bürokram.
- Dann tue es doch nicht.
- Geht nicht. Muss ich.
- Wieso?
- Wieso eigentlich. Weil ich dem Kunden gesagt habe, er soll morgen kommen.
- Dann sag ihm das nächste Mal, er soll übermorgen kommen. Dann hast du mehr Zeit. Und du kannst warten, bis der Wunsch es zu erledigen von alleine kommt.
- Du hast sehr gute Ideen, weißt du das? - schmunzelte ich und die Katze schmunzelte zurück.
- Noch was?
- Ja, ich esse aus Langeweile. Wenn gerade nichts los ist.
- Aha. Hoch interessant. Was kannst du tun?
- Das Leben spannender gestalten, - lächelte ich. - Eigentlich ganz einfach. Es gibt aber noch was. Ich esse manchmal gar nicht, ich knabbere. Und das tue ich nicht aus Hunger, sondern weil ich glaube, dass ich sonst an mir herum knabbern würde.
- Jetzt verstehe ich dich nicht.
- Na, mich herum kritisieren. Und doch dabei ist das ein Grund um mich zu kritisieren.
- Spannend. Wenn ich das richtig verstanden habe, war es das aber, oder?
- Ja, musst du los? - fragte ich, doch die Katze war schon weg.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen