Samstag, 21. November 2015

Genug Bewegung im Alltag?

Hab ich ein Glück, dass ich Russisch kann! So habe ich auch Kontakt zu einem russischen Zentrum für Essstörungen. Die haben da jeden Freitag eine offene Sprechstunde mit einem Psychologen. Man kann also eine beliebige Frage stellen und ein Profi beantwortet sie kostenlos. Finde ich genial.

Diese Woche habe ich gefragt, ob ich das nötige Pensum an Bewegung erfülle.

- Drei Mal pro Woche mache ich 10 Min. Muskel-Liebe. Das sind meine liebsten Übungen zum Muskelaufbau. Je zwei Übungen pro Bereich. Habe auch wirklich nur die Übungen genommen, die mir Freude machen. Keine die irgendwie zwicken oder im Rücken weh tun o. ä.

- Zwei Mal pro Woche gehe ich eine halbe Stunde joggen, walke aber bis zum weichen Bodengrund und wieder zurück, so die ersten und letzten 3-4 Min. Mein Tempo ist aber extrem langsam, ich glaube ich walke sogar schneller.

- Jeden Morgen und jeden Mittag gehe ich 20 Min. zu Fuß. Kinder zum Bus bringen und wieder abholen. Dienstag und Donnerstag mache ich die Route noch mal, da hat die Große Nachmittag, muss also noch mal 10 Min. hin und 10 Min. zurück gehen.

- Die meisten Einkäufe werden mit dem Fahrrad erledigt. Ich nutze das Auto nur dann, wenn es wirklich nicht anders geht.

- Hinzu kommen Haushalt und Garten. Wer schon mal ein Beet umgegraben hat oder 100 qm mit dem Staubsauger abgefahren ist, weiß wie anstrengend das sein kann.

Grundsätzlich geht es mir gut damit. Mein Körper freut sich über die Bewegung, die vermehrte Menge an Sauerstoff in den Lungen ist herrlich und auch sonst bin ich zufrieden. Bei all dem habe ich in meinem Kopf aber immer wieder die Stimme, die schreit: Das ist zu wenig! So wirst du nie schlank und rank sein!

Die Antwort des Psychologen hat mir ein paar Tränchen in die Augenwinkel getrieben. Er schreibt, dass es ihm eine Freude ist zu lesen, wie liebevoll ich die Übungen ausgesucht habe. Gottchen, das ist mir gar nicht aufgefallen! Früher war es entweder strengste Kontrolle oder absolute Gleichgültigkeit. Also entweder zermatterndes Training oder Null Bewegung. Wenn Joggen, dann bis zum Seitenstechen und absolut nass geschwitzt nach Hause kommen. Und dann wieder Phasen von: Lasst mich mit dem PC allein. Bin dankbar für diese Erkenntnis.

Er schreibt auch, dass aus seiner Sicht die Bewegung, die ich habe vollkommen ausreicht. Teilweise überschreite ich sogar die Norm. Die Empfehlung ist: mindestens 30 Minuten leichter bis mittelschwerer sportlicher Betätigung täglich.


Weiterhin meinte er, dass diese Stimme oft der innere Kritiker ist. Auch Esspolizei genannt oder auch Perfektionismus oder Maximalismus usw. Ich übersetze das mal wörtlich für alle, die ähnlich wie ich ticken, vielleicht hilft es ja jemandem.

Die Taktik und die Strategie mit dem inneren Kritiker ist genau dieselbe wie mit der Esspolizei.

1. Feststellen, wann diese Stimme besonders stark ist. Es gibt doch bestimmt Momente, in denen man alle Bewegungsarten durch geht und mit sich doch recht zufrieden ist, oder? Und dann gibt es die Momente, wo diese nörgelnde Stimme wieder erklingt.

2. Sich klar machen, was das für ein Moment ist, als die Stimme zu nörgeln angefangen hat. Vielleicht ist es schlechte Launge, vielleicht gibt es einen beunruhigenden / anstrengenden Faktor? Dann ist dieser innere Kritiker eine von Methoden, wie das Unbewusste (paradoxerweise) sich um uns sorgt: es schaltet die Spannung auf die Person selbst, die meistens sich gern hat und hier auf einmal sich anfängt zu kritisieren.



3. Dem Kritiker danken und sich überlegen, was man mit der Ursache der Spannung direkt machen kann. Sich fragen, ob es für dies Spannung wirklich Gründe gibt und die Kräfte dahin lenken, dass man diese Gründe wegschafft. Wenn es Müdigkeit ist - sich ausruhen, wenn es Unruhe ist - Klarheit und Stützen finden, wenn es Gereizheit ist - die Grenzen wieder herstellen.


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