Dienstag, 7. Juli 2015

Fleisch zum Trost statt Süßigkeiten

Gestern hatte ich ein interessantes Erlebnis, dass ich unbedingt teilen möchte. Wir haben den Geburtstag der Kleinen gefeiert und es war wirklich viel los. Kleine und große Gäste wollten verpflegt und unterhalten werden. Ich war echt auf Trab. Gegen Abend stresste mich die Große mit: Warum kriegen die Gäste diese Hamburger-Gummibärchen in den Geschenktütchen mit und ich darf keinen vor dem Abendessen haben? Dann ging es weiter mit: Warum muss ich mir die Füße waschen. Und als ich sie an die Zahnspange noch erinnert habe, da hat sie mich angebrüllt, sie wisse das schon selbst. Vorpurbertäres Verhalten eben.

Ich war k. o. Müde, ausgelaugt und im Kopf lief aber das Programm weiter, ich konnte nicht runter kommen, war immer noch irgendwie aufgewühlt und bereit sofort weiter zu machen. Ja, so bin ich, ich übersehe meine Grenzen sehr oft und schufte weiter, obwohl ich fertig bin. Nach der Auseinandersetzung mit der Großen war aber der Druck so groß, dass ich in die Küche ging und mir was Süßes holte, nur so ein kleines Teilchen. Nee, reicht nicht. Gut, wie wäre es mit einem Schluck Wasser? Nein, ich will Fleisch!

Ich war jahrelang Vegetarier, weil ich Fleisch nicht vertragen habe, hatte da Blähungen und Bauchweh. Später kam der Diät-Gedanke dazu, Fleisch ist fettig und ungesund. Und dann noch die Überzeugung von Frau Schatalowa (einer der berühmtesten Rohköstlerinen Russlands), dass der menschliche Magen und Darm kein pflanzliches Eiweiß aufspalten kann. Es verfault eigentlich nur im Darm, meinte sie. Inzwischen weiß ich, dass es auf die Menge ankommt. Ein Affe (dem wir ja am nächsten verwandt sind) frisst auch kein Steak, aber er lässt sich allemöglichen Insekten und auch Eier sehr wohl schmecken.

Lust auf Fleisch. Was könnte es sein? Lust auf was Würziges? Oder ist es eines der letzten verbotenen Lebensmittel? So oder so, ich muss diesem Verlangen nachgeben. Ich holte mir den Rest vom Schaschlik-Fleisch aus dem Kühlschrank, legte es auf einen Teller, schnitt es mir kleine Stückchen ab und kaute ganz sorgfältig. Zugegeben, das erste Stück habe ich einfach abgebissen und beim Schlucken hatte ich meine Probleme. Wahrscheinlich schlecht gekaut, dachte ich. Und den Rest ass ich dann ganz zivilisiert, in Mini-Häppchen.

Ergebnis? Mir ging es gut. Der Stress liess nach, der Druck auch. Ich hatte kein Gefühl mehr, dass ich sofort aufstehen muss und was machen muss. Das Essen hat mich also gut entspannt. Und ich hatte auch keine Beschwerden. Nicht mal Mundgeruch,  so wie ihn nach Fleischgenuss kenne. Ich habe mir einfach sehr gründlich die Zähne geputzt (ja, auch die Zwisschenräume) und mehrmals mit Oregano-Öl-Wasser den Mund ausgespült.

Am Abend habe ich beim täglichen Rückblick dieses Fleisch-essen-dürfen als einen Erfolg eingetragen. Ich habe es geschafft etwas zu essen, worauf ich Lust hatte und es kamen keine negativen Gedanken oder Gefühle danach. Klar werde ich nächstes Mal etwas achtsamer sein und mir noch mehr Pausen gönnen und vielleicht schaffe ich es sogar mit einer Atemübung den Stresszustand zu bewältigen. Es ist aber gut, so wie es ist. Nicht perfekt, aber vollkommen.

Und heute habe ich mein gutes Körpergefühl etwas ins Wanken gebracht, indem ich mich doch tatsächlich auf die Waage gestellt habe. Zwei Kilo mehr. Wann habe ich mich zuletzt gewogen? Keine Ahnung, aber es waren weniger. Und auf dem Weg zur Bushaltestelle fing sofort das innere Beschuldigen an.

"Ja, klar, so viel wie du gefuttert hast, ist ja kein Wunder, dass du zugenommen hast. Dabei wolltest du doch eigentlich wieder weniger haben, oder? Sport. Ja, das ist die Lösung. Du musst jeden Morgen joggen gehen!"

Meine Antwort war: Stopp! Ich habe keine Lust mich schuldig zu fühlen. Ich will mich nicht fertig machen! Vielleicht sind es ja die Tage vor den Tagen? Vielleicht wiege ich mehr, weil ich Wasser angesammelt habe? Hey, du willst doch nicht wirklich sagen, dass schwachsinnige zwei Kilo deine Schönheit irgendwie beeinträchtigen können, oder? Und da sah ich eine schöne weisse Blume auf dem Boden liegen. Die habe ich mir hinters Ohr gesteckt und gelächelt. Danke, liebes Universum, danke für die Bestätigung. Ich bin schön, egal wie viel ich wiege.

1 Kommentar:

  1. Liebe Mirjam,
    es freut mich sehr, dass du mich gerne liest. Danke für den Impuls, habe ein Follower-Gadget eingerichtet, rechts oben, da heißt es "Mitglied werden". Dann wirst du über die Neuigkeiten immer informiert.
    LG

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